Pollux’ Postkarte aus der Unterwelt
Eine Postkarte von einem Bekannten aus der Unterwelt, die scheinbar auf eine Drachenschuppe geritzt wurde. Am unteren Rand liegt eine längst verwelkte Antila.

Pollux’ Postkarte aus der Unterwelt

Lieber Herr/Liebes Fräulein Trailblazer,

ich ... bin mir unsicher, wie ich dich ansprechen soll, da wir uns in dieser Wiederholung noch nie begegnet sind.

Fräulein Cyrene scherzte einmal, dass du, Trailblazer, mir in dieser Wiederholung eine Umarmung schuldest. Anfangs fand ich das ziemlich peinlich, aber nachdem ich in die Unterwelt hinabgestiegen bin und das lange Vergehen der Zeit durchgestanden habe, beginne ich die Version von mir zu beneiden, die dich eines Tages treffen wird. Ich hoffe insgeheim, dass diese lächerliche kleine „Schuld“ am Ende doch noch beglichen wird.

Oh, verzeih mir meine Sentimentalität.

Die Unterwelt ist schöner als ich sie mir vorgestellt habe, aber auch verlassener. Ich habe hier meine Schwester Polyxia wiedergetroffen, zusammen mit unzähligen bekannten und unbekannten Gesichtern, wie den Hunderten von Helden, die während der ersten Flammenjagd gefallen sind. Ihr Geist ist fragmentiert, doch ihre Insignien strahlen noch immer hell. Oder Lady Aglaea, die mir einen Nymphkäfer als Begleitung schenkte, bevor sie still in den Blumenfeldern verblasste ...

Kurz darauf erschöpfte Lehrerin Tribbie ihre göttliche Kraft, um einen Durchgang zwischen Styxia und dem Strudel der Genesis zu erschaffen, den Hysilens mit ihrer Kraft aufrechterhielt. Bevor sie aufbrach, vertraute mir Tribbie die Bewachung dieses Durchgangs an. Und über unzählige Jahre hinweg musste ich aus der Unterwelt mit ansehen, wie meine Gefährten einer nach dem anderen zugrunde gingen. Einige schafften es nicht einmal hierher, wie ... Mydei, der seine Seele in fünf Teile zerbrach, oder Professor Anaxa, der sich selbst in einen Stein der Weisen verwandelte.

Schließlich musste Hysilens, als kein einziges menschliches Wesen mehr in Amphoreus am Leben war, ihre gesamte göttliche Kraft auf Styxias Festlichkeiten konzentrieren, um Lygus einzuschließen. Ohne die Macht des Meeres begann der Durchgang zu zerfallen, der Styxia mit dem Strudel der Genesis verband. Und dann traf ich meine letzte Entscheidung – die Gestalt von Netherschwinges Leichnam anzunehmen und das Kommando über die Gewässer des Flusses der Seelen zu übernehmen, um diesen Durchgang zu bewahren.

Bevor ich zu Netherschwinge wurde, zerbrach ich mir den Kopf darüber, was ich dir hinterlassen könnte. Aber als Netherschwinge konnte ich kaum erwarten, von irgendjemandem umarmt zu werden.

In einem Moment der Erinnerung fiel mir ein, dass Fräulein Cyrene mir einmal heimlich erzählt hatte, du hättest dir in der vorherigen Runde gewünscht, dass ich dir eine Postkarte aus der Unterwelt schicke. Also habe ich dir, solange mein Körper noch einen Stift halten kann, diesen Brief geschrieben und die blühenden Antila-Blumen angewiesen, ihn aus der Unterwelt zu tragen. Nun bleibt mir nichts anderes übrig, als darauf zu warten, dass du ihn findest.

Eines Tages, wenn du durch diesen Durchgang zum Strudel der Genesis reist, findest du diese Postkarte aus der Unterwelt vielleicht inmitten der Antila-Blumen. Oder vielleicht habe ich bis dahin all meine Kraft verbraucht und bin in einen tiefen Schlummer gefallen, und alle Antila-Blumen sind längst verwelkt ...

Aber das ist sicherlich nicht unser letzter Abschied. Solltest du dein Schicksal als Erlöserin/Erlöser erfüllen, dann verspreche ich dir, dass ich in dieser strahlend neuen Welt den Mut finden werde ...

... dich um eine Umarmung zu bitten, auf die ich schon Jahrtausende zu lange gewartet habe.

Castorice