Über die regionalen Merkmale von Ritualen (Auszug)
Auszug aus dem Werk eines Venerationisten, das die Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Titan-Anbetungsrituale in verschiedenen Regionen von Amphoreus aus mythologischer Perspektive erörtert.
Über die regionalen Merkmale von Ritualen (Auszug)
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Im Folgenden werde ich einige Beispiele anführen, um kurz zu erläutern, wie die kulturellen Bräuche verschiedener Stadtstaaten die lokalen Titanenmythen beeinflusst haben.
In Amphoreus gibt es einen weithin bekannten Mythos: In der Ära Chrysea litt ein Küstenstamm unter Tsunamis. Unter der Führung ihres Oberhaupts errichteten sie Deiche und gruben Gräben, um die Wellen abzuwehren. Dies erregte jedoch Phagousas Spieltrieb, die ihre Arbeit mit einer Riesenwelle zunichte machte. Angesichts der zornigen Fragen des Oberhaupts verwandelte sich die Titanin in einen Riesenwal und schlug eine Wette vor: Wenn sie innerhalb von sieben Tagen das Meer überqueren und die Insel auf der anderen Seite erreichen könnten, würde sie sie nicht mehr stören und ihnen ihren Schatz schenken. Sollten sie scheitern, würde die Küste für immer vom Meer verschlungen werden.
In der gängigen Version gewinnen die Menschen letztendlich, weil Aquila dem Häuptling im Traum beibringt, wie man Flöße baut, und sie unterwegs Hilfe von Georios erhalten. In Versionen einiger Küstenstadtstaaten (wie Aristia) tritt jedoch nur Phagousa als Titanin auf: Sie lehrt den Stammeshäuptling den Schiffsbau, da sie von der menschlichen Herausforderung fasziniert ist und für Gerechtigkeit im Spiel sorgen will. Am Ende gibt sie ihre Zumutung auf, weil sie von der Stärke und dem Mut der Menschen berührt ist.
Im Vergleich zur populären Version wird Phagousa hier komplexer und lebendiger dargestellt. Die Verbindung zwischen Göttern und Menschen wird verstärkt, und beide zeigen mehr Ähnlichkeiten in Charakter und Handeln. Angesichts der Verehrung und Abhängigkeit der Küstenstadtstaaten von Phagousa wage ich die Hypothese: Unter dem Einfluss verschiedener regionaler Kulturen projizieren die Menschen unbewusst ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche oder die ihrer Stämme auf die Titanen.
Ich werde diese Hypothese nun aus einer anderen Perspektive untermauern. Bekanntlich ist einer von Zagreus’ berühmtesten Streichen gegen die Götter das Stehlen von Opfergaben aus dem Schatten der Statue von Mnestia. In der weit verbreiteten Version gibt es am Ende ein scheinbar unbedeutendes Detail: Da Mnestia Zagreus nicht fangen kann, richtet sie ihren Zorn auf ihren eigenen Priester und bestraft ihn damit, dass er in seinen Augen keine Schönheit mehr sehen kann.
Doch gerade dieses kleine Detail hat in der Geschichte von Stadtstaaten wie Aurelia und Milios wiederholt zu großen Diskussionen unter Gelehrten und Künstlern geführt. Aufgrund unterschiedlicher Herkunft, Standpunkte und Vorstellungen variiert die Akzeptanz dieser „willkürlichen göttlichen Bestrafung“ erheblich. Einige extreme Mnestia-Anhänger lehnen dies vehement ab, bezeichnen es als „schamlose Blasphemie gegen die perfekte Göttin“ und behandeln es bei allen Opferzeremonien als unaussprechliches Tabu.
Basierend auf dem oben Genannten komme ich zum nächsten Abschnitt, der im Detail diskutiert werden soll: Die Gemeinsamkeiten und Unterschiede der Titan-Anbetungsrituale in verschiedenen Regionen, d. h., wie Menschen in unterschiedlichen kulturellen Milieus, nach ihrem Verständnis von „Vorlieben und Neigungen der Götter“, angemessene Opferzeremonien durchführen, um die entsprechenden Titanen zu besänftigen.