Tagebuch des Produzenten über „Mechastadt“
Eine Notiz des Animators der Clockie-Serie, die den Produktionsprozess des Films „Mechastadt“ dokumentiert.

Tagebuch des Produzenten über „Mechastadt“

2157 BZ, 1. Tag des Projektstarts
Wie die meisten der Darsteller und Teammitglieder bin ich mit „Clockie“ groß geworden. Ich bin mir der einzigartigen Qualität und des guten Rufs des Clockie-Cartoons bewusst. Mir ist auch klar, wie schwierig die Erstellung des Cartoons war.
Da es sich um einen Film zum 10-Jährigen Jubiläum handelt, werden die Zuschauer gewiss hohe Erwartungen für das neue Werk haben. Außerdem sorgen brillante Werke wie „Cyberstadt“ und „Raumschiffstadt“ für zusätzlichen Druck.
Obwohl es sich um eine Traumwelt handelt, ist das Kreieren von Animationsfilmen nicht so einfach, wie viele sich das vorstellen – nach dem Motto, man muss nur die Bilder in seinem Kopf ein wenig hin und her bewegen, und schon springen die Figuren auf die Leinwand und spielen ihre jeweiligen Rollen. Es ist immer noch ein traditionell handgezeichneter Cartoon, kein magischer Traumblasenfilm ... aber das ist auch einer der Gründe, warum der Charme von Clockie immer erhalten bleibt.
Beim Anblick des Horrors, der im Zeitplan enthalten war, strich ich mir über meine noch üppigen Haare und dachte an die tragische Zukunft, die ihnen bevorstand.

2157 BZ, 31. Tag des Projektstarts
Heute haben uns die Produzenten eine interne Dokumentation der Clock-Studios gezeigt.
Während des „Traumjagd-Zeitalters“ konnten aufgrund der Instabilität der Traumlandschaften die vielen Produktionstechniken, die wir heute einsetzen, nicht bei der Erschaffung von Penaconys Traumlandschaften umgesetzt werden.
Alle Bewegungen mussten von echten Menschen im Studio nach einem Drehbuch ausgeführt und dann Bild für Bild nachgezeichnet werden. Sogar die Produzenten selbst mussten am Set mit einer Clockie-Maske tanzen.
So gesehen ... hat der Uhrmacher also auch die Rolle von Clockie gespielt? Schade, dass diese Dokumentation sein wahres Gesicht immer noch nicht gezeigt hat.

2157 BZ, 73. Tag des Projektstarts
Ich habe mich heute mit Collin gestritten. Er findet, die Figurendesigns in Maschinenstadt müssten eine Art zahnradähnlicher Steifheit darstellen.
Ich bin sicher, dass er nicht in den Spiegel schaut, um zu sehen, ob er selber diese Steifheit hat. Er spricht auch ganz steif, zum Beispiel „Mein Hersteller ist nicht mit ihren Billig-Omnics zu vergleichen“. Wenn der Uhrmacher uns nicht beobachtet hätte, hätte ich ihm am liebsten einen Schlag auf den oxidierten Legierungskopf verpasst.

2157 BZ, 160. Tag des Projektstarts
Als wir an der Konzeption der Szenen in der Stadt arbeiteten, gab Larry uns sehr gute Vorschläge und Beratung. Es heißt, dass seine Vorfahren einst lebenslange Freundschaften mit den Namenlosen hatten und er dadurch viele Geschichten darüber gehört hat, was außerhalb von Penacony vor sich ging.
Das ist wirklich toll, die Namenlosen ... Wenn ich später Geld und Freizeit habe, werde ich mir auch die Welt da draußen ansehen.

2157 BZ, 324. Tag des Projektstarts
Schlafen bedeutet Träumen, und spätes Aufbleiben bedeutet keinen Schlaf. Ist spätes Aufbleiben im Traum dann also Schlafen oder doch spätes Aufbleiben?
Nach 54 aufeinanderfolgenden Systemstunden Arbeit kann mein gebrochener Verstand nicht anders, als solche Gedanken hervorzubringen.
Der Uhrmacher tauchte immer unerwartet auf. Manchmal war er eine unter dem Tisch versteckte Uhr, manchmal verwandelte er sich in eine Seifenblase. Solche kleinen Schreckmomente scheinen eine seiner wenigen Freuden zu sein.
Im Gegensatz zu dem Humor, den er im Alltag aufweist, ist der Uhrmacher in Bezug auf die Animation ganz schön streng. Ich muss seine Stärke als Drehbuchautor anerkennen, aber wenn ich mich von der Vergötterung löse, muss ich sagen, dass er beim Zeichen eine nahezu engstirnige Präzision verlangt ... Als Collin versuchte, sich die Szene aus dem Drehbuch vorzustellen, hatte er fast einen Kurzschluss in seiner Hauptplatine.

2157 BZ, 420. Tag des Projektstarts
Der aus der Familie Bluthund stammende Stuntkoordinator ist zusammengebrochen. Es stimmt schon, viele Dinge im Drehbuch und in den Szenenbuch-Entwürfen können nicht mit üblicher Logik gemessen werden.
Ich bin eigentlich ziemlich beeindruckt, dass dieser Typ so lange durchgehalten hat. Ich bin schon längst von diesem Szenenbuch ausgebrannt, und während ich so über meinen Schreibtisch gebeugt sitze, kommt mir oft eine Frage in den Sinn: „Ob ein Animator wohl entbehrlich ist?“
Ich habe es satt, ich will Animationen machen, die ich selbst verstehen kann und die nicht nur Launen meines Chefs sind!
Ich habe mich zwei Tage lang bei den Produzenten krankgemeldet und habe vor, zu einem Traumberater zu gehen.

2157 BZ, 421. Tag des Projektstarts
Der gebuchte Traumberater war nicht verfügbar, da er anscheinend auch einen Traumberater gebucht hatte.
Aber es fiel mir wirklich schwer, noch länger durchzuhalten, und so nahm ich nahm meinen Mut zusammen und wandte mich an den Uhrenmacher, in der Hoffnung, einen Antrag auf Kündigung zu stellen.
Doch zu meiner Überraschung hat mich dieser abgehobene Vorsitzende weder getadelt noch von meinem Vorhaben abgehalten, sondern mit mir wie mit einem Freund geplaudert.
Ich erzählte ihm alles, was ich meinem Traumberater sagen wollte, sprach von meiner Zeit als Student in der Farbtinte-Galaxie bis hin zu meinem Ärger bei den Clock-Studios. Er hörte still zu, ohne darauf zu achten, wie viel Zeit er mit einem unbedeutenden Animator wie mir verschwendete.
Nachdem er meine Gedanken gehört hatte, entschuldigte er sich übermäßig und erzählte mir geduldig alles über Clockie ... Er erklärte mir genau, warum er ein solches Werk geschaffen hatte und jedes Detail, das ich nicht verstand.
Wir unterhielten uns die ganze Nacht, bis der Produzent ins Zimmer gestürmt kam und mich zur Arbeit drängte.
Nach diesem Gespräch beschloss ich, dass ich meinen Job lieber doch nicht kündigen wollte.
Dieser Chef hatte mich nicht unbedingt überzeugt, vielmehr hoffte ich, dass ich in Zukunft wieder mit ihm sprechen würde.

2157 BZ, 729. Tag des Projektstarts
Nach all den Entbehrungen, dem Kommen und Gehen unserer Kollegen, wurde unsere Produktion endlich fertiggestellt.
Obwohl der Prozess der Herstellung durchaus schmerzhaft war, fühlte ich in dem Moment, in dem ich das fertige Produkt sah, ein unbeschreibliches Glücksgefühl in mir aufsteigen, stärker als es je eine Traumlandschaft erschaffen könnte.
Doch unser wichtigster Mitwirkender, der Uhrmacher, fehlte. Er tauchte in keiner Weise bei unserer Abschlussvorführung auf und sagte nichts über die Produktion.
Aber ich bin sicher, dass der Uhrmacher auftauchen wird, wenn die Clock-Studios ihn brauchen ... Genau wie Clockie immer dann auftaucht, wenn Traumstadt ihn braucht.