Lushaka, die versunkenen See

Unter den unzähligen Planeten im Przesmir-Sternensystem, denen es an flüssigem Wasser mangelt, sticht Lushaka mit seinem strahlend reinen Blau besonders hervor. Das Meer von Lushaka gleicht der Wiege der Mutter aller Ozeane. Das Wasser nährt und erhält alles Leben ... doch es hält es auch gefangen, kontrolliert es und umschlingt es, bis es kein Entrinnen mehr gibt.

Bei Tagesanbruch klopft der Erste Offizier des Staatenschiffs sanft an die Tür der Kapitänskajüte und stößt sie auf. An den Wänden der Kajüte hängen die Inselökosysteme der siebenunddreißig Gebiete der Alten Zeit. So wird Land schmerzlich vermisst ... Meteore von jenseits der Himmel sind im Begriff, ganz Lushaka mit Wasser zu bedecken, als würden sie ein gemeinsames Streben einen. Eine ewige Flut begräbt das gesamte angestammte Land tief unter Wasser und hinterlässt nur eine endlose blaue Weite ... Der Erste Offizier weckt den schlafenden Kapitän, denn auf dem Meer funkeln bereits Flecken von Gold ... Das Staatenschiff beginnt einen weiteren Tag auf See.

Das Aufklärungsschiff trifft in der Mitte des Platzes ein. Es feuert seinen Ankerpfeil in Richtung einer riesigen Unterwasserstruktur, die einmal ein Kaufhaus war. Der Anker verhakt sich fest in einem Fensterrahmen ... Bevor die Tauchglocke ertönt, schrecken unzählige Fischschwärme aus den Kaufhausregalen auf.

Am Nachmittag verlassen die Forscher die Tauchglocke. Sie schwimmen am Buchladen vorbei, ohne auch nur eine Sekunde innezuhalten ... Die Buchstaben dürften schließlich schon lange unleserlich geworden sein. Ihnen ging es schon immer um Medien aus Schellack oder Plastik, von denen man Informationen aus vergangenen Tagen nach einer kurzen Reinigung leicht extrahieren kann. Tiefseearchäologie wie diese ist immer beschwerlich. Die Putzer halten die Stellung und beobachten wachsam die Umgebung, wobei sie ihre stählernen Hellebarden schwingen, um zahnbewährte Raubtiere auf Abstand zu halten. Die Menschen stoßen gelegentlich mit Wassergeistern der Tiefsee zusammen, doch beide Parteien sind zu sehr mit ihrer jeweiligen Sammelaktion beschäftigt, als dass sie einander Aufmerksamkeit schenken würden. Statt an zerknüllten Dosen sind die Putzer eher an Samen, Gewürzen oder Alkohol interessiert.

Die Tiefseeerkundung nähert sich ihrem Ende und die Sauerstoffreserven gehen zur Neige. Als du unter Wasser noch einmal zurückschaust, haben die Riesenmakrelen bereits die Stadt erreicht. Sofort halten die ängstlichen Wassergeister den Atem an, heften sich an die Wand oder verstecken sich in geheimen Kammern. Sie haben sich daran gewöhnt, den Unterwasserwald aus Stahl zu ihrem Vorteil zu nutzen.

Bei Sonnenuntergang lässt das Nieseln nach und die vielen Staatenschiffe lassen ihre Hörner erklingen, um die gierig plündernden Seevögel zu verscheuchen. Die Ausbeute des Tages wird an Deck ausgebreitet, damit die Einwohner des Staatenschiffs sich nehmen können, was sie brauchen. Nachts kommen Strömungen auf, während der Leuchtturm in kristallenem Licht erstrahlt. Die Luvianer tanzen um den flammenden Mast herum, ohne an morgen zu denken. Sie gedenken des heute erlangten Ruhms mit Seemannsliedern und schwelgen leise seufzend in Erinnerungen an die gute alte Zeit. Der Kapitän holt seinen Kompass hervor und schaut in die Richtung, die er anzeigt ... Er weiß, dass in dieser Richtung ihre Heimat liegt, von der sie sich immer mehr entfremden und wo immer noch Leute sehnlich auf die Rückkehr ihrer Liebsten warten.

Um Mitternacht löscht das kolossale Schiff alle Lichter und treibt leise auf dem Wasser. Haben sie wirklich Frieden gefunden? Oder verbergen sie mit ihrem Lächeln ihre Tränen, die längst eins mit dem Meer geworden sind?

Auch nach dieser Nacht wird dieses tiefe Blau unverändert daliegen, so wie immer.